Lisa Hofmann
Olaf Metzel

23. März – 7. Mai 2023

Eröffnung:
22. März 2023, 19:00 Uhr

VERLÄNGERT BIS 21. Mai 2023

Für 2023 hat der Kunstraum ein besonderes Programm entwickelt, das Bezug auf die Historie und Zukunft der Institution nimmt: Wir laden Künstler:innen, die seit den 1970er-Jahren im Kunstraum vertreten waren, ein, mit weiteren Künstler:innen gemeinsam oder in Bezug aufeinander ein Ausstellungsprojekt zu entwickeln.
Olaf Metzel hat in der Geschichte des Kunstraum München bereits drei Mal ausgestellt: 1982 fand seine erste Einzelausstellung in den Räumen der Nikolaistraße 15 und einer ehemaligen Tankstelle in der Landsbergerstr. 193 statt, 1990 folgte eine weitere mit Zeichnungen in der Viktor-Scheffel-Straße 20. Mit dem Maler Günther Förg zeigte er 2002 verschiedene Gemeinschaftsarbeiten als raumgreifende Installationen in der Zieblandstraße 8.

Mit der Berliner Künstlerin und Dokumentarfilmerin Lisa Hofmann wird Olaf Metzel nun einen Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Spannungsfelder rund um Wohnungsfragen, Verdrängungsprozesse und Diskriminierungsstrukturen legen.

Die gemeinsame Ausstellung dokumentiert und verhandelt soziale Realitäten und urbane Situationen aus historischer wie aktueller Perspektive: Metzel greift hierfür sein Projekt „Türkenwohnung Abstand 12 000,- DM VB“ von 1982 wieder auf – eine Auseinandersetzung mit dem alltäglichen Rassismus im Umgang mit ‚Gastarbeiter:innen‘ in der BRD –, für das er in Berlin-Wedding eine Wohnung anmietete, die kurz zuvor einer Familie türkischer Herkunft gekündigt worden war, um eine skulpturale wie filmische Intervention zu realisieren. Ebenso schonungslos reflektiert Lisa Hofmanns Film fast vierzig Jahre später gewaltvolles Eindringen in den privaten Raum: in „Auszug aus“ (2021) folgt die emphatische Langzeitbeobachtung in intimen Szenen dem Schicksal zweier Protagonisten, die aus ihren Wohnungen – ebenso in Wedding – zwangsgeräumt werden und macht die absurden Logiken von Wohnungsmarkt und -politik in pointierten Bildern sichtbar, ohne in polemische Muster zu verfallen.

Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten Konnotationen verschoben haben – strukturell hat sich kaum etwas geändert. In der Gegenüberstellung schärfen die unterschiedlichen künstlerischen Strategien und Entwicklungsmomente die Sicht auf virulente Debatten, deren mediale Vermittlung und Auswirkungen auf das Leben von Individuum und Gesellschaft. Wohnungsnot, Recht auf Wohnen, Ausgrenzung, Verdrängung und Diskriminierung sind nicht nur in Städten wie Berlin allgegenwärtige Themen, die damals wie heute den Nerv der Zeit treffen.

Lisa Hofmann (*1992 in Berlin) hat 2021 ihr Studium der Bildenden Kunst an der Universität der Künste Berlin als Meisterschülerin von Prof. Ursula Neugebauer abgeschlossen. In ihren dokumentarisch essayistischen Filmen und Fotografien reflektiert sie prekäre Lebenswelten und Beziehungsgeflechte, die von Entfremdung geprägt sind. „Auszug aus“ wurde 2022 mit dem Grand Prix – Documentary des Concordia Film Festivals in Montreal ausgezeichnet. Zuletzt waren ihre Arbeiten im Rahmen des diesjährigen European Month of Photography in Berlin zu sehen.

Olaf Metzel (*1952 in Berlin) studierte an der Freien Universität Berlin und an der Hochschule der Künste in Berlin. Von 1990 bis 2019 war er Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Heute zählt er zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern der Gegenwart, dessen vielschichtiges Werk sich von Skulpturen und Reliefs über Assemblagen, Collagen, Fotografien, Videoarbeiten und Zeichnungen erstreckt. Neben zahlreichen Einzelausstellungen im In- und Ausland nahm er u. a. an der documenta 8 (1987), den Skulptur Projekte Münster (1987 und 1997) sowie der Istanbul-Biennale (1991, 1995 und 2017) teil. Metzel wurde darüber hinaus mit einer Vielzahl von Preisen und Auszeichnungen bedacht.

Kuratiert von Nina Holm und Constanze Metzel

Aus Anlass der Ausstellung erscheint eine neue Episode unseres Podcasts »Kunstraum.Kunstraum« mit Emily und Ralf. https://www.kunstraum-muenchen.de/podcast/

Die Ausstellung wird gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München.

For 2023, Kunstraum München has developed a special program that refers to the history and future of the institution: We invite artists who have been represented at Kunstraum München since the 1970s to work on an exhibition project together with other artists or in relation to each other.

The sculptor Olaf Metzel has already exhibited three times in the history of Kunstraum München: in 1982, his first solo exhibition took place in the rooms of Nikolaistrasse 15 and a former gas station at Landsbergerstr. 193, followed by another one with drawings at Viktor-Scheffel-Strasse 20 in 1990. With the painter Günther Förg, he showed various collaborative works as extensive installations at Zieblandstrasse 8 in 2002.

Together with Berlin-based artist and filmmaker Lisa Hofmann, Metzel focuses on sociopolitical implications and conflicting fields surrounding housing issues, displacement processes, and discrimination structures.

The joint exhibition documents and negotiates social realities and urban situations from both historical and contemporary perspectives: for this, Metzel revisits his 1982 work complex Türkenwohnung Abstand 12 000,- DM VB – an examination of everyday racism in the treatment of ‚guest workers‘ in the Federal Republic of Germany – for which he rented an apartment in Berlin-Wedding that had shortly before been terminated for a migrant family in order to realize a filmic and sculptural intervention. Almost forty years later, Lisa Hofmann’s film is just as unsparing in its reflection of violent intrusions into private space: The emphatic long-term observation „Auszug aus“ (2021) follows in intimate scenes the fate of two protagonists who are evicted from their apartments – also in Wedding – making visible the absurd logics and classist systematic of housing market and policy in pointed images without falling into polemical patterns.

Even if connotations have shifted in recent decades – structurally, hardly anything has changed.
In juxtaposition, the two different artistic strategies and accompanying developmental moments from their time as contrasting foils and projection surfaces sharpen the view of virulent debates, their mediatized mediation, and effects on the lives of individuals and society:

Housing shortage, the right to housing, housing as a commodity, exclusion, displacement, and discrimination are ubiquitous problems, not only in cities such as Berlin, that struck a chord then as now.

Lisa Hofmann (*1992 in Berlin) graduated in 2021 from the Universität der Künste in Berlin as a master student of Prof. Ursula Neugebauer. In her performative documentary films and photo essays, she reflects on precarious living environments and networks of relationships marked by alienation: Hofmanns artworks investigate social power structures and how they become visible in the appearance of individual people – not as mere descriptions, but as potential scope for action to speak, think, and shape realities differently. „Excerpt from“ was awarded the Grand Prix – Documentary at the Concordia Film Festival in Montreal in 2022. Most recently, her work was on view as part of this year’s European Month of Photography in Berlin.

Olaf Metzel (*1952 in Berlin) studied at the Freie Universität and at the Hochschule der Künste in Berlin. From 1990 to 2019 he was a professor at the Akademie der Bildenden Künste in Munich. Since the 1970s, his projects address issues of (state) power, control, surveillance, media politics, exclusion, migration, and violence. Today, he is one of the most important contemporary German sculptors, whose multi-layered work ranges from sculptures and reliefs to assemblages, collages, photographs, video works, and drawings. In addition to numerous solo exhibitions in Germany and abroad, he has participated in documenta 8 (1987), Skulptur Projekte Münster (1987 and 1997), and the Istanbul Biennial (1991, 1995, and 2017), among others. Furthermore, Metzel has received a large number of prizes and awards.

Curated by Nina Holm and Constanze Metzel

Programm der Ausstellung:

Führung durch die Ausstellung mit Ambra Frank und Luise Horn
Samstag, 15. April 2023, 18:00 Uhr

Vortrag von Gürsoy Doğtaş: »Interieur – im Wohnzimmer der Arbeitsmigrant:innen aus der Türkei«
29. April 2023, 17:00 Uhr

Führung durch die Ausstellung mit Ambra Frank und Luise Horn
Samstag, 29. April 2023, 18:00 Uhr

Ein Gespräch zwischen Lisa Hofmann und Olaf Metzel, moderiert von Kea Wienand
Samstag, 6. Mai 2023, 16:00 Uhr

Finissage in kuratorischer Präsenz mit Nina Holm und Constanze Metzel
Sonntag, 7. Mai 2023, 16:00 bis 19:00 Uhr